Teil 3 – Wichtige Verschwörungsideologien der „Corona-Proteste“

Posted by noquerdenken on 2020/12/16

Qanon
Qanon („Q“) fing im Herbst 2017 an, über das Imageboard 4chan kryptische und vage gehaltene „Prophezeiungen“ zu verbreiten. Die Posts sind häufig in Rätselform geschrieben. Sie wurden weiter verbreitet über Reddit, Youtube, Twitter und rechte Blogs, wo sie von Anhänger*innen interpretiert werden. Als Erkennungszeichen der Qanon-Gläubigen dient der Großbuchstabe Q oder ein weißes Kaninchen. Die Identität Qanons ist unbekannt. Qanon versucht den Eindruck zu erwecken, zum engsten Kreis um Donald Trump zu gehören. Trump wird in den Texten durchweg positiv als Held und Retter der Menschheit dargestellt. In der Anhänger*innenschaft kursieren diverse Gerüchte über die Identität Qanons, beispielsweise wird vermutet Qanon arbeite im Energieministerium mit Zugang zum Atomprogramm, sei der bei einem Flugzeugabsturz verunglückte John F. Kennedy Jr., oder Trump höchstpersönlich. Die kryptischen Texte werden von den Anhänger*innen immer wieder neu „analysiert“ und es wird versucht sie zu deuten. Inhaltlich wird ein ganzes Themenspektrum absurder Verschwörungstheorien veröffentlicht. Hauptsächlich geht es um einen Putsch von hochrangigen Vertreter*innen der demokratischen Partei, der Wirtschaft und weiteren Prominenten, durch den eine Diktatur in den USA installiert werden soll. Beteiligt seien unter anderem Barack Obama, Hillary Clinton und George Soros. Außerdem seien sie in einen internationalen Kinderhändlerring verstrickt. Geheime „Eliten“ würden Kinder in Folterkellern quälen, um das Adrenalin-Stoffwechselprodukt Adrenochrom zu gewinnen, was zu ewiger Jugend führe. Angeführt würde dieses Unternehmen von der Familie Rothschild, die Anhänger eines satanistischen Kults seien. Donald Trump sei von hochrangigen Militärs zur Präsidentschaft verholfen worden um diese „Kinderquäler“ zu stoppen. Trump werde einen Krieg gegen den angeblichen Kinderhandel, liberale Globalisten und jüdische Banken aufnehmen, zusammen mit dem angeblich niemals gestorbenen John F. Kennedy Jr.. Außerdem habe sich Trump mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-Un gegen die „Verschwörer“ verbündet. Der „Deep State“, der nur für das Wohl der Eliten arbeite, ist immer wieder Thema. Der Lockdown, der aufgrund der Covid-19 Pandemie ausgerufen wurde, diene nicht der Bekämpfung der Pandemie, sondern sei als Ablenkung geplant gewesen, damit Donald Trump die vermeintlich entführten Kinder aus den Folterkellern befreien könne. Belege werden in Qanons „Prophezeiungen“ an keiner Stelle erbracht. Stattdessen werden Dinge wie die Krawattenfarbe Trumps ausgiebig analysiert (eine rosa Krawatte wird so schnell zum Zeichen an die Gläubigen erkoren, dass der Präsident gerade die Kinder rette).
In dieser, nach einem schlechten Actionfilm klingenden Geschichte, lassen sich alte, antisemitische Muster erkennen, da durch die den Rothschilds zugeschriebene Rolle, alte antisemitische Narrative bedient werden, wie das Finanzieren einer globalen Verschwörung oder Kindesentführung. Bereits im Mittelalter wurde jüdischen Menschen unterstellt Kinder zu entführen, um deren Blut zu trinken.
In Bezug auf Covid-19 wurde von Qanon empfohlen, das Desinfektionsmittel Chlordioxid gegen die Infektion einzunehmen. Vor der Einnahme wird von medizinischer Seite aus gewarnt, da erhebliche Gesundheitsgefahren davon ausgehen.
Qanon ist besonders populär in der US-amerikanischen rechten Szene und bei Trump Anhängern. Mittlerweile werden die Texte aber auch ins Deutsche übersetzt und von zahlreichen rechten und verschwörungsideologischen Kanälen verbreitet. Die Inhalte der Texte führten in den USA bereits mehrfach zu Angriffen und Bedrohungen. In sozialen Medien und auf Demonstrationen verwenden Qanon Anhänger*innen häufig die Abkürzung WWG1WGA „Where we go one, we go all“.

 

Die Bill Gates Verschwörung
Eine der (un)beliebtesten Personen in den Verschwörungsgeschichten ist momentan Bill Gates. Laut Hildmann plane Gates gemeinsam mit der „kommunistischen Kröte“ Angela Merkel und dem „Kinderfresser“ George Soros einen „Genozid durch die Corona-Zwangsimpfung“, um die „Neue Weltordnung“ zu errichten. Auch Ken Jebsen beteiligt sich an den Geschichten rund um Bill Gates. Er verbreitet in einem Video mit dem Titel „Gates kapert Deutschland!“ die Behauptung, die Bill & Melinda Gates Stiftung habe Deutschland „gehackt“ und würde es kontrollieren. Außerdem seien Zwangsimpfungen geplant, um die Bevölkerung mit Mikrochips „versklaven“ zu können. Gates wird außerdem vorgeworfen, zwangsweise Tetanus-Impfungen mit dem beigemischten Hormon Choriongonadotropin Beta-hCG durchführen zu wollen, was Frauen sterilisieren könne.
Ursprünglich kommen viele dieser Erzählungen aus den USA, wo sie insbesondere von Alex Jones über Seiten wie „infowars.com” verbreitet werden. Jones ist ein bekannter Moderator. Auf seiner Seite werden immer wieder die typischen Verschwörungserzählungen wiederholt. Dabei werden offensichtliche Fake-News verbreitet. Die Gefährlichkeit solcher geistiger Brandstifter, ist auch an den Taten zu bemessen, die andere, von ihren Theorien beflügelt, begehen. So berufen sich in den USA mindestens vier Attentäter entweder direkt auf Alex Jones, oder konsumierten vor dem Attentat zumindest seine Medien.
Die in rechts-verschwörungsgläubigen Kreisen verbreiteten Erzählungen über Gates entbehren jeglichen Grundlagen. Weder ist in Deutschland eine Zwangsimpfung geplant, noch forscht Bill Gates an injizierbaren Mikrochips. Auch die Mythen um Choriongonadotropin Beta-hCG sind wissenschaftlich widerlegt. Um eine Sterilisation herbeizuführen müsste das Hormon in deutlich höherer Menge und über einen längeren Zeitraum hinweg durchgängig eingenommen werden. Dies ist bei einer Impfung nicht der Fall.
Fern von diesen abstrusen Theorien gibt es jedoch durchaus berechtigte Kritik an Bill Gates, insbesondere an seinem Einfluss innerhalb der WHO. Bill Gates ist einer der reichsten Menschen der Welt. 43 Milliarden US-Dollar hat Gates in einen Trust der Bill & Melinda Gates Stiftung angelegt. Die Gewinne des Trusts werden an wohltätige Zwecke und Organisationen gespendet. Die Bill & Melinda Gates Stiftung ist die größte private Stiftung weltweit. Gates großer Einfluss auf die WHO hat vor allem strukturelle Ursachen. Die Weltgesundheitsorganisation wurde vor 40 Jahren noch zu 80% aus öffentlichen, von den in ihr organisierten UN-Staaten bereitgestellten Geldern finanziert. Heute sind es lediglich 20%. In diese Finanzierungslücke sprangen private Geldgeber wie die Gates-Stiftung, die enorm an Einfluss gewannen, da sie als Finanziers bestimmen können für welche Projekte ihr Geld eingesetzt wird. Von der Bill & Melinda Gates Stiftung kommen ca. 17% der Gelder der WHO. Gates setzt damit vor allem auf Impfprogramme. Das ist problematisch, da andere wichtige Themenbereiche, zum Beispiel die Verbesserung der Lebensbedingungen und der Aufbau von Gesundheitssystemen in armen Ländern, so auf der Strecke bleiben, die WHO über einen Großteil ihres Kapitals nicht frei verfügen kann und abhängig von den privaten Geldgebern ist.
Problematisch an der Bill & Melinda Gates Stiftung als Finanzier ist außerdem, dass die Gates-Stiftung zu den Gründern der GAVI-Allianz gehört, einer Allianz, die sich für weltweite Impfungen einsetzt. Beim Kampf gegen die Pneumokokken-Infektion setzt sie jedoch nur auf zwei Unternehmen, an denen wiederum die Bill & Melinda Gates Stiftung beteiligt ist. Diese Unternehmen erzielten durch überhöhte Preise seit 2009 mit dem Impfstoff einen Gewinn von ca. 36 Mrd. US-Dollar. Auch bei anderen Impfungen setzt die Bill & Melinda Gates Stiftung durch, dass WHO und GAVI-Allianz mit den Firmen zusammenarbeiten, an denen die Stiftung beteiligt ist und die dadurch hohe Gewinne erwirtschaften können. Dieser Einflussnahme könnte und müsste jedoch strukturell begegnet werden, indem die Länder des globalen Nordens ihren Beitrag zur Finanzierung der WHO wieder erhöhen.

 

Mobilfunkstandard 5G

Verschwörungsmythen rund um 5G gibt es seit 2018. 5G ist ein neuer Mobilfunkstandard, der Daten schneller übertragen und weniger Strom verbrauchen soll. Dazu müssen mehr Sendeanlagen gebaut werden. Kritiker*innen gehen davon aus, dass dadurch die Strahlenbelastung steigen und gefährlich werden könnte. Dafür gibt es bis jetzt jedoch keine Belege. Vermutet wird, dass die Strahlung zwar prinzipiell krebserregend sein könne, jedoch deuten Versuche darauf hin, dass dazu eine deutlich höhere Strahlung, als sie in Deutschland erlaubt ist, nötig ist und diese über einen langen Zeitraum wirken muss.
Besonders oft aufgegriffen innerhalb der Szene wurde das Thema 5G bei dem verschwörungsideologischen Sender Klagemauer.TV des Schweizer Sektengründers Ivo Sasek. Auch der Blog des Eventveranstalters Connectiv Events arbeitet sich seit 2018 mit dutzenden Artikeln an 5G ab. Fake-News, die der Blog bis jetzt zu 5G verbreitet hat, waren unter anderem die Aussage 20.000 5G-Satelliten sollen „gefährliche Mikrowellenstrahlung“ über die ganze Welt versenden, wegen 5G würden alle Bäume aus den Städten verschwinden oder Feuerwehrleute hätten neurologische Schäden durch die Mobilfunkmasten erlitten. Seit der Corona-Pandemie verknüpft der Blog seine abenteuerlichen Theorien mit dem Virus. Es wird verbreitet, dass die durch den Corona-Virus ausgelösten Krankheitssymptome in Wahrheit von der 5G Strahlung verursacht würden und die Suggestivfrage gestellt, ob es keinen Virus gäbe, sondern ein durch 5G verursachter Zellabbau, der die Auswirkungen eines Virus nachahme, zum Tod von Menschen geführt habe.
Connectiv Events organisiert pseudomedizinische Events mit und bewirbt über den dazugehörigen Blog regelmäßig Verschwörungsideologien und pseudomedizinische Produkte. Verlinkt wird unter anderem zu KenFM, dem Kopp-Verlag, „Nuoviso“ und „Bewusst TV“.
Auf dem verschwörungsideologischen Blog Politaia (auf dem auch Videos veröffentlicht werden, welche die Shoah leugnen ) tauchte eine vermeintliche Studie eines Biologen auf, die eine Korrelation zwischen 5G und dem Corona-Virus belege. Dieser Beitrag wurde unter anderem 2.000 Mal bei dem sozialen Netzwerk Facebook geteilt. Die vermeintliche Studie ist ein Artikel von Bartomeu Payeras i Cifre, der auf seinem privaten Blog veröffentlicht wurde. Payeras ist nicht wie behauptet Biologe an der Universität Barcelona, sondern arbeitet momentan als Maler. Die Publikation wurde in keiner wissenschaftlichen Zeitung oder Ähnlichem veröffentlicht. Payeras will eine Korrelation zwischen der Präsenz von 5G-Netzen und der Anzahl an Coronavirus-Fällen in verschiedenen Ländern belegen. Der Artikel beinhaltet grobe Fehler. Wie Payeras zu den verwendeten Zahlen gekommen ist, ist nicht nachvollziehbar. Gegen die Theorie spricht auch, dass ein Land wie Brasilien, dessen Bevölkerung massiv unter dem Virus leidet bis jetzt lediglich fünf 5G Masten (in Testphase) besitzt.
Ab Januar 2020 wurden in den sozialen Medien immer wieder Videos verbreitet, die Zusammenhänge zwischen dem Corona-Virus und den Funkmasten herstellen sollten, unter anderem indem sie tote Fische oder Vögel in deren Nähe zeigten. Nach der Verbreitung solcher „Informationen“ in sozialen Netzwerken wurden in Großbritannien, den Niederlanden, Irland und Zypern mehrere Mobilfunkmasten in Brand gesetzt.

 

Die Illuminatenverschwörung
Der Illuminatenorden wurde am 1. Mai 1776 von dem Freimaurer und ehemaligen Jesuiten Adam Weishaupt in Ingolstadt gegründet. Im Jahr 1783 kam es zu internen Spannungen im Illuminatenorden. 1787 verbot das Bayrische Königreich den Illuminatenorden und erließ daraufhin ein Dekret, das eine Mitgliedschaft im Orden bei Todesstrafe untersagte. Seither gilt der Illuminatenorden paranoiden Verschwörungsgläubigen als ultimativer Multiplikator einer vermeintlich Neuen Weltordnung. Der Jesuitenpater und fanatische Gegner der Französischen Revolution Abbé Barruel, brachte die Illuminaten im Rahmen seiner dreiteiligen Publikation „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus“ einerseits mit den Freimaurern, den Tempelrittern und einer weltweiten jüdischen Verschwörung in Verbindung. Im Unterschied zu den Freimaurerlogen verfolgten die Illuminaten, unter der stringenten Führung Adam Weishaupts, auch eine ausgesprochen politische Zielsetzung, die von ihren Gegnern als revolutionär bezeichnet wurde. Auf die Illuminaten berufen sich zahlreiche rechtsradikale, fundamentalistische Sekten im Rahmen mehrerer pseudohistorischer Wahnideen. Einigen Verschwörungsideolog*innen zufolge, hat sich der Illuminatenorden mit den Hochgradfreimaurern vereinigt, um ein autoritäres Weltregime durchzusetzen. Für die Beweisführung ihrer wirren Theorien werden häufig die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“, eine Fälschung des zaristischen Geheimdienstes Ochrana, und die ebenfalls gefälschten Verhörprotokolle von Christian Georgijewitsch Rakowski herangezogen. Rakowski war Vertreter der linken Opposition in der Sowjetunion und soll, im Rahmen seiner Inhaftierung durch die stalinistische Geheimpolizei GPU, vermeintliche Umsturzpläne der linken Opposition gegen Stalin gestanden haben. Des Weiteren soll Rakowski die finanzielle Unterstützung amerikanischer Banken für die Oktoberrevolution, unter Leitung der Rothschilds, mit Leo Trotzki als Vermittler gestanden haben. Diese Pseudofakten griffen die amerikanischen Verschwörungstheoretiker Gary Allen und Des Griffin in ihren Werken „Die Insider“ (1970) und „Wer regiert die Welt“ (1976) auf und machten sie somit Massenkompatibel für die rechtsradikale und verschwörungsideologische Szene in den USA. In der Bundesrepublik griff der esoterische Verschwörungstheoretiker Jan Udo Holey die Theorien von Allen und Griffin auf. Holey hat unter dem Pseudonym Jan van Helsing den Zweibänder “Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20.Jahrhundert” veröffentlicht, der auf dem Buchmarkt überaus erfolgreich war, bevor das Landgericht Mannheim 1996 die bundesweite Beschlagnahmung anordnete. Dies geschah mit der Begründung, dass in Holeys Werken »Volksverhetzung« betrieben und »Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen« verwendet würden. Auch im Rahmen der aktuellen Corona-Pandemie hat Holey als Herausgeber bzw. Co-Autor zwei verschwörungstheoretische Bücher veröffentlicht („Lockdown: Das Virus war nicht die Ursache. Es war nur der willkommene Auslöser für das größte, je gewagte Experiment am Menschen“ bzw. „Wir töten die halbe Menschheit – und es wird schnell gehen“). Weitere deutsche Autor*innen, welche mit der Illuminatenverschwörungsideologie in ihren Publikationen operieren sind: Tilman Knechtel („Die Rothschilds – Eine Familie beherrscht die Welt“), Wolfgang Eggert („Israels Geheimvatikan“) und Heiko Schrang („Die Jahrhundertlüge 1/2“).

 

Die Bilderbergerverschwörung
Die Bilderberg-Konferenzen sind nach dem niederländischen Hotel benannt, in dem 1954 das erste dieser informellen Treffen stattfand. Ins Leben gerufen wurden sie von Prinz Bernhard der Niederlande, dem polnischen Diplomaten Josef Retinger, dem Bankier David Rockefeller und dem ehemaligen britischen Außenminister Denis Healey. Traditionell werden etliche wichtige und aufstrebende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien eingeladen und in den Nobelhotels der entsprechenden Region untergebracht. Glaubt man den verschiedenen Verschwörungstheoretikern, sind die Bilderberg-Konferenzen nichts anderes als die Jahrestreffen der Vordenker der Neuen Weltordnung, auf denen die Agenda für die nächsten zwölf Monate festgelegt wird. Wegen ihrer Geheimniskrämerei und ihrer exklusiven Zusammensetzung war die Bilderberg-Konferenz schon oft Ausgangspunkt von diversen Verschwörungstheorien. Amerikanische und deutsche Verschwörungstheoretiker*innen vermuten, dass die „Bilderberger” eine Weltdiktatur mit sozialistischer Prägung anstreben. Die Liste der ihnen nachgesagten Aktivitäten ist lang: Die Einführung des Euro und die deutsche Wiedervereinigung seien demnach im Rahmen der Bilderberg-Konferenz beschlossen worden. Die Bilderberger sollen angeblich die US-Präsidentschaftswahlen beeinflussen und die jeweiligen Spitzenkandidat*innen der Demokratischen und Republikanischen Partei bestimmen. Auch Renault Camus rechtspopulistische Wahnidee vom „Großen Austausch“ wurde von einigen Verschwörungstheoretiker*innen in die Bilderbergerverschwörung adaptiert. Letztendlich werden auch die Maßnahmen der verschiedenen Staaten und der WHO gegen das neuartige Corona-Virus, der letzten Bilderberg-Konferenz als Etappenziel für eine vermeintliche Weltregierung zugeschrieben.

 

Von der jüdisch bolschewistischen Weltverschwörung zur Antifaverschwörung

Anfänge in Russland
Die Ursprünge des Verschwörungstheorems der jüdisch bolschewistischen Weltverschwörung gehen auf die Oktoberrevolution zurück. Die Idee der jüdisch bolschewistischen Weltverschwörung ist ein Verschwörungsmythos, verwendet von Gegnern der Oktoberrevolution 1917 durch die russischen Bolschewiki. Sie diente als eine Grundlage der antisemitischen Ideologie der Nationalsozialisten und wird auch aktuell von Neofaschist*innen, Rechtspopulist*innen und Verschwörungstheoretiker*innen verwendet als Theorem einer vermeintlichen jüdischen Weltverschwörung, mit dem Ziel einer jüdisch-sozialistischen Weltregierung. Die agrarisch geprägte feudale russische Gesellschaft betrachtete Jüd*innen als Vertreter*innen einer modernen, kapitalistischen Gesellschaft. Konservative Gutsbesitzer, die am System der Leibeigenschaft festhielten, fühlten sich von der Modernisierung, symbolisiert durch die Jüd*innen, bedroht. Die Isolation, Unterdrückung und Verfolgung der Jüd*innen führte dazu, dass alte Traditionen, religiöse Bindungen und kulturelle Besonderheiten gepflegt wurden und der Zusammenhalt der jüdischen Glaubensgenossen untereinander (auch länderübergreifend) bestärkt bewahrt wurde. Die sich daraus ergebende Sonderrolle der Jüd*innen lässt in weiterer Folge besonders in konservativen Kreisen den Eindruck eines international vernetzten „Weltjudentums“ entstehen. Hier knüpfen die antisemitischen „Die Protokolle der Weisen von Zion“ (Russland 1905), eine Fälschung des zaristischen Geheimdienstes Ochrana unter Einfluss der reaktionären Organisation Schwarze Hundert bzw. Schwarze Hundertschaften und ihrer Unterorganisation „Bund des russischen Volkes“ an und verschärften die Situationen der russischen Jüd*innen im vorrevolutionären Russland. Die von den zaristischen Behörden unterstützten Organisationen wie die Schwarze Hundert waren vor allem zwischen 1904 und 1906 Hauptanstifter von antisemitischen Pogromen und Terror gegen russische Revolutionär*innen und Jüd*innen. Lenin sah in der Schwarzen Hundert eine faschistische Bewegung im Sinne des italienischen Faschismus. Als eine Reaktion auf das Erstarken der sozialdemokratischen, sozialrevolutionären und liberalen Bewegung gegen das autoritäre Zarenregime entstand in Russland die straff organisierte völkisch-nationalistische, klerikal-monarchistische Bewegung der sogenannten Schwarzen Hundert oder Schwarzhunderter. Sie besaß im Zeitraum 1905–1917 bis zu 410.000 Mitglieder, organisiert in mehr als 3.000 regionalen Gruppen und einigen größeren landesweiten Parteien. Viele fortschrittliche linke Jüd*innen organisierten sich im vorrevolutionären Russland entweder im Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbund oder der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands. Während des russischen Bürgerkriegs kam es, besonders in der Ukraine und Weißrussland, zu zahllosen Pogromen durch Weiße Truppen an der jüdischen Bevölkerung. In einem Propagandaplakat der Weißen Truppen wird der Jüdische Revolutionär Leo Trotzki mit eindeutig antisemitischen Zügen als „dämonische Teufelsfigur“ an der Kremlmauer dargestellt, welche die Massenerschießungen gegnerischer Gefangener dirigiert. Im Sommer 1919 steigerte sich die Weiße Armee, bei ihrem Vormarsch aus der Don-Region Richtung Moskau in einen Blutrausch, der beim Pogrom in Fastow mit 1.500 Toten den Höhepunkt erreichte. Auch unter dem Kommando der Roten Armee kam es bedingt durch die tradierten antisemitischen Einstellungsmuster in der russischen Gesellschaft zu vereinzelten Pogromen, aber die Bolschewiki waren die Einzigen, die die Pogrome durch ihre militärischen Formationen scharf verurteilten und bekämpften.

Antisemitische Esoterikzirkel vor dem NS
Auch in Deutschland existierten mit der Antibolschewistischen Liga (später Liga zum Schutze der deutschen Kultur) und der Thule-Gesellschaft zwei antikommunistische Kampforganisationen welche mit antisemitischen Verschwörungsmythen mobilmachten gegen die revolutionären Kämpfe in Deutschland. Die Antibolschewistische Liga wurde Anfang Dezember 1918 von dem jungkonservativen Publizisten und ehemaligen Mitglied der katholischen Zentrumspartei Eduard Stadtler gegründet und von Großindustriellen wie Hugo Stinnes und AEG-Direktor Felix Deutsch finanziert. Die Liga hatte ein straff antikommunistisches Programm, welches mit den üblichen antisemitischen Stereotypen des jüdischen Bolschewismus operierte. Eduard Stadtler behauptete 1935 im Rahmen seiner Autobiografie, dass deutsche Unternehmer für die Militäreinsätze von reaktionären Freikorps gegen den Berliner Januaraufstand und die Auftragsmorde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht vom 15. Januar 1919 verantwortlich wären. Die Thule-Gesellschaft war eine rechte politische Organisation, welche gegen Ende des Ersten Weltkrieges im August 1918 in München von Rudolf von Sebottendorf gegründet wurde und etwa 1.500 Mitglieder hatte. Darunter waren viele später einflussreiche Mitglieder der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP). Ziel der Thule-Gesellschaft war die Errichtung einer Diktatur und die Vertreibung aller Jüd*innen aus Deutschland. Hier werden schon Parallelen zum späteren Programm der NSDAP sichtbar. Die Gesellschaft ging auf den 1912 gegründeten antisemitischen Germanenorden zurück, der sich 1916 gespalten hatte. Anfang 1918 sammelte der Esoteriker Rudolf von Sebottendorf, der 1913 nach längerem Aufenthalt im Osmanischen Reich nach Deutschland zurückgekehrt war und reich geheiratet hatte, die verbliebenen bayerischen Anhänger des Ordens in München. Dabei bediente er sich eines scheinbar okkultistischen Rahmens und der altgermanischen Anspielung im Namen, um die eigentlichen Ziele zu kaschieren. Dass der Germanenorden im Hintergrund stand, sollte nicht deutlich werden.
Besagter Germanenorden hatte seine esoterisch-okkulten Wurzeln in den Theoremen und Praktiken der theosophischen Gesellschaft von Helena Petrovna Blavatsky, Henry Steel Olcott und William Quan Judge. Die ursprüngliche theosophische Gesellschaft war eher universalistisch ausgerichtet und bezeichnete sich in ihrer Selbstdarstellung als Bruderschaft von Menschen, ohne Unterschied von Herkunft, Glaube, Geschlecht und Hautfarbe. Eine Schlüsselrolle in der rassistischen und antisemitischen Umformung der deutschen theosophischen Gesellschaft hatte der Esoteriker Martin Hartman inne. Im Jahre 1903 kam Martin Hartmann über die okkulte Zeitschrift Gnosis (1904 mit Rudolf Steiners Zeitschrift Luzifer zur Lucifer-Gnosis vereinigt), in Kontakt mit dem Antisemiten Guido von List, welcher dort einen Artikel über eine vermeintliche „arische Ursprache“ veröffentlicht hatte. Hartmann stellte den Kontakt zur Wiener und zur deutschen theosophischen Gesellschaft her und machte Guido von List mit der Theosophie bekannt. List begeisterte vor allem der Eklektizismus der theosophischen Lehren. Er übernahm aus ihnen kosmologische Vorstellungen u.a. auch die Wurzelrassenhypothese von Helena Blavatsky und ergänzte sie durch Vermengung mit dem rassistischen Weltbild des Antisemiten und Rassisten Arthur Gobineau zur völkisch nationalistischen „Ariosophie“. Aus der Zusammenarbeit mit List entwickelte Hartmann ein inniges Verhältnis zur Guido-von-List-Gesellschaft, die bis zu seinem Tod 1912 bestand. Rudolf Steiner gründete 1912 die anthroposophische Gesellschaft als Abspaltung der deutschen theosophischen Gesellschaft. Steiner integrierte Helena Blavatskys Wurzelrassentheorie und die okkulte Lehre von der Akasha-Chronik in seine Lehre, komplettiert durch die antisemitischen und rassistischen Inhalte der späteren theosophischen Lehre. Anthroposophische Lehren bilden auch heute noch die Grundlage der umstrittenen Waldorf-Pädagogik. Auch erfolgreiche Wirtschaftsunternehmen, wie die auch in linken Kreisen beliebte GSL-Bank, die Drogeriemarktkette DM und die Biomarktkette Alnatura, orientieren sich bis heute an Steiners umstrittenen Lehren.

Die jüdisch bolschewistische Weltverschwörung im NS
Der Nationalsozialismus orientierte sich an den rassistischen und antisemitischen Wahnideen, der diversen völkisch-nationalistischen Zirkel in der Kaiserzeit und der Weimarer Republik. Diese antisemitischen Wahnideen bildeten die ideologische Grundlage für den späteren Vernichtungsantisemitismus der Nationalsozialisten. Adolf Hitler war ein Anhänger des Antisemiten Karl Lueger und des ehemaligen Zisterzienser-Geistlichen und Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels. Lanz gab ab 1905 die sogenannten Ostara-Hefte heraus, eine von ihm redigierte Zeitschrift mit ariosophischen Inhalten. Lanz war am Widerstand gegen die kurzlebige Räterepublik unter der Beteiligung des jüdischen Kommunisten Béla Kuns beteiligt. Nach dem Sieg der Konterrevolution 1920 arbeitete Lanz in einer christlich-nationalen Presseagentur in Budapest, die dem Außenministerium unterstand, und schrieb reaktionäre Artikel für Tageszeitungen. Mit seinem 1923 erschienenen Buch „Weltende und Weltwende“ machte er die von ihm postulierte Weltverschwörung von Juden, Sozialisten und Freimaurern nun zum Mittelpunkt seiner weiteren Publikationen und den Antisemitismus zum Kernpunkt seines Programms. Adolf Hitler war in seiner Wiener Zeit ein begeisterter Leser der Ostara Zeitschrift. Auch der DAP und spätere NSDAP Wirtschaftstheoretiker Gottfried Feder war ein Anhänger der jüdisch bolschewistischen Weltverschwörung. Im November 1918 schrieb er unter dem Eindruck der deutschen Niederlage im ersten Weltkrieg sein Buch „Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft des Geldes“, in welchem er die Idee formulierte, die Wurzel allen Übels, das über Deutschland hereingebrochen war, seien die Zinsen auf die Kredite der jüdischen Bankiers. Feders Ideen prägten das 25-Punkte-Programm der NSDAP aus dem Jahre 1920. Im Programm wurden Jüd*innen nicht mehr religiös sondern „rassisch“ definiert und es sollte ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt werden. Des Weiteren sollten sie von der Gesetzgebung ausgeschlossen sein und keine Regierungsämter bekleiden können. In diesem Zusammenhang sprach sich das Programm gegen den vermeintlich korrumpierenden Parlamentarismus aus und bezeichnete jenen als Parteienproporz (unter Punkt acht die „Brechung der Zinsknechtschaft“ gefordert). Adolf Hitler war ein Bewunderer des amerikanische Autounternehmers Henry Ford. Ford verbreitete in seiner 1920 bis 1924 erschienenen Artikelserie „The International Jew“ die Verschwörungstheorien der „Protokolle der Weisen von Zion“. Überdies behauptete er, der russische Bolschewismus und seine Ableger in den amerikanischen Gewerkschaften seien in ihrem Wesenskern jüdisch. Er spekulierte zum Beispiel über die Ähnlichkeit zwischen dem Davidstern und dem roten Stern der Sowjets oder versuchte nachzuweisen, in der russischen Revolution sei das jüdische Kapital von der Enteignung ausgenommen worden. In seinem Buch „Mein Kampf“ verband Hitler den Antisemitismus und die Feindschaft gegen die Sowjetunion: „Im russischen Bolschewismus haben wir den im zwanzigsten Jahrhundert unternommenen Versuch des Judentums zu erblicken, sich die Weltherrschaft anzueignen, wobei es sich der unterschiedlichsten Mittel bediene: vom Dolchstoß in den Rücken des deutschen Heeres, über freie Presse und Finanzkapitalismus, bis hin zur Förderung der Prostitution und der Syphilis.“ In einer Reichstagsrede im Januar 1939 bereitete Hitler das nationalsozialistische Deutschland auf den bevorstehenden Krieg und den eliminatorischen Holocaust vor: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum inner- und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa!“ In Rahmen der Filmproduktionen des nationalsozialistischen Propagandaministeriums wurde das Thema des jüdischen Bolschewismus präferiert. Im Propagandafilm „Der ewige Jude“ aus dem Jahr 1940 wird das Thema einer vermeintlichen jüdischen Weltverschwörung umfassend dargestellt, von den „jüdischen Plutokraten der Wall Street“ und dem jüdischen Marxismus über die „Judenrepublik“ von Weimar. Im Jahre 1942 folgt der antikommunistische Propagandafilm „GPU“, in welchem die Auswahl der Darsteller dem antisemitischen Stereotyp des verschlagen und hinterlistigen Juden markiert werden.

Nach dem Nationalsozialismus
Nach der militärischen Zerschlagung des Nationalsozialismus wurden mit der neuen Blockkonfrontation antikommunistische Ideen wieder salonfähig. Hier wurde wieder plakativ mit den im Nationalsozialismus üblichen Tierdarstellungen und Entmenschlichungen in der politischen Auseinandersetzung mit dem Kommunismus operiert. Kommunist*innen wurden als Rattenfänger und Volksverführer dargestellt. »Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau!« hieß es auf einem Wahlplakat der CDU aus dem Jahr 1953. Angesprochen und angegriffen zugleich war keineswegs nur die, schon damals fast bedeutungslose, KPD, sondern auch die SPD, die ähnlich wie im Sprachgebrauch der Nationalsozialisten als Teil oder zumindest Werkzeug eines bedrohlichen Marxismus verstanden wurde, der in Moskau beheimatet sein sollte. 1986 formulierte der Berliner Historiker und Faschismusforscher Ernst Nolte in mehreren Publikationen die umstrittene These von der Ursprünglichkeit des sowjetischen Gulags, und vermeintlichen Reflexibilität des nationalsozialistischen Konzentrationslagers, und löste einen Streit unter Historiker*innen aus. Hitler habe nach Nolte mit dem Holocaust nur auf die wahrgenommene jüdisch-bolschewistische Bedrohung reagiert, sei ihm „insoweit ein gewisses historisches Recht zuzuschreiben, als er sich dem umfassenden Anspruch der Sowjetunion mit großer, wenn auch vermutlich weit überschießender Energie widersetzte“. Noltes Thesen wurden von der überwiegenden Mehrheit der Geschichtswissenschaftler*innen mit der Begründung einer antisemitischen Entsorgung der deutschen Vergangenheit durch eine Täter-Opfer-Umkehr abgelehnt. Am 5. Mai 1999 reichte Hohmann, damaliger CDU und heutiger AfD-Bundestagsabgeordnete, einen Antrag ein, der die Errichtung eines Holocaust-Mahnmals ablehnen sollte. Am 25. Juni begründete Hohmann diesen Antrag in einer geschichtsrevisionistischen Rede. Das Holocaust-Mahnmal sei in seinen Augen ein Indiz dafür, dass die Deutschen sich ihre Vergangenheit nicht verzeihen könnten. Zitat Homann: „Meine Damen und Herren, viele Menschen fordern uns als Deutsche auf, langsam den Mut zu fassen, unseren Freunden zu sagen: Mehr als zwei Generationen nach diesem riesigen Verbrechen fühlen wir uns sozusagen resozialisiert. Warum? Kein Land hat Verbrechen in seiner Geschichte aufgearbeitet und bereut, Entschädigung und Wiedergutmachung geleistet wie wir. Nach christlichen Maßstäben folgt auf Sünde, Reue und Wiedergutmachung das Verzeihen. Freilich, das Verzeihen kann man nicht erzwingen. Aber von Freunden darf man es erwarten. Fast drei Generationen Bußzeit bis heute. Es sollten nicht sechs oder sieben werden. Insofern wäre das Mahnmal auch monumentaler Ausdruck der Unfähigkeit, uns selbst zu verzeihen.“ Aufgrund seiner antisemitischen Rede wurde er im Jahre 2004 auch aus der CDU ausgeschlossen.
In den USA entwickelte sich der Verschwörungsmythos um die jüdisch bolschewistische Weltverschwörung auf einer anderen Ebene. Jüdischen Familien welche im Bankgeschäft tätig waren, wie die Warburgs und Rothschilds, wurden für die Gründung des Federal Reserve Systems 1913 verantwortlich gemacht. Ihnen wurde von rechten und antisemitischen Gruppen unterstellt, das amerikanische Geldsystem unter ihre Kontrolle bringen zu wollen, um somit ein sozialistisch-satanistisches System unter jüdischer Ägide in den USA zu schaffen. In den siebziger Jahren griffen die amerikanischen Verschwörungsmystiker G. Edward Griffin und Gary Allen die Verschwörungserzählung auf und erweiterten sie um entsprechende Verschwörungsmythen um Abschaffung der Golddeckung des Dollars in den USA unter der Nixon-Regierung. Griffin und Allen behaupteten in ihren Schriften, es existiere eine satanistische Verschwörung von Illuminaten, Juden und Freimaurern zur Erringung der Weltherrschaft. Als Beweis fungieren wieder die in verschwörungsmythischen Kreisen beliebten „Protokolle der Weisen von Zion“. Die gleiche Geheimorganisation hätte nach Griffin und Allen bereits die Französische und die Russische Revolution angestiftet und finanziert. Griffin und Allen sind bzw. waren Mitglieder der rechtsgerichteten John Birch Society, welche verschiedene Verschwörungserzählungen verbreitet. (Siehe auch Illuminaten Verschwörung in dieser Publikation)

Von der vermeintlichen Flüchtlingskrise zur Antifa-Verschwörung
Der nunmehr aus dem Amt scheidende US-Präsident Donald Trump erklärte im Juni 2020 nach den Unruhen im Zusammenhang mit dem rassistischen Polizeimord an George Floyd, er wolle die Antifa als terroristische Vereinigung in den Vereinigten Staaten verbieten lassen. Doch ist Trump mit dieser Forderung nicht alleine unter den demokratischen und rechten Akteuren in den USA. Bereits im Jahr 2017 wurden antifaschistische Gruppen im US-Bundesstaat New Jersey vom dortigen Heimatschutzministerium als „Terrororganisation“ gelistet. Im Rahmen der geschichtsrevisionistischen Demonstrationen unter dem Motto „Unite the Right“ demonstrierten rechtsradikale Gruppen am Abend des 11. August und am Morgen des 12. August 2017 in Charlottesville im US-Bundesstaat Virginia. Die Demonstration fungierte als Sammelbecken verschiedener rechter Gruppierungen wie der Alt-Right-Bewegung, dem Ku-Klux-Klan, Neo-Konföderierten sowie Vertreter*innen der Militia-Movement-Bewegung, White Nationalists und White-Supremacy-Anhänger. Nach dem offiziellen Ende der Demonstration fuhr James Alex Fields, der zuvor an der Neonazi-Demonstration teilgenommen hatte, vorsätzlich sein Auto in eine Gruppe von Gegendemonstrant*innen. Dabei tötete er die Antifaschistin Heather Heyer und verletzte mindestens 19 weitere Gegendemonstrant*innen. Nach den Auseinandersetzungen in Charlottesville wurde von rechten und konservativen Gruppen, eine Petition mit 100.000 Unterzeichner*innen initiiert, die Antifa als Terrororganisation einzustufen.
Rechte Internetportale wie der Daily Stormer oder Breitbart-News forcierten die Bestrebung der rechten Akteure mit dem antisemitischen Verschwörungsmythos, der Unternehmer Georg Soros hätte die linken Gegendemonstrant*innen unterstützt um bürgerkriegsähnliche Unruhen zu initiieren, um somit die Regierung von Donald Trump zu destabilisieren. Diese Vorstellung, Soros würde mit Hilfe seiner Organisation Open Society Foundations antifaschistische und linke Gruppen gezielt zur Destabilisierung der westlichen Demokratien instrumentalisieren, wird heute von vielen rechtspopulistischen bis offen rechtsradikalen Parteien und Organisationen vertreten. Beschuldigungen, Soros sei der Inbegriff einer „globalistischen Elite“ und würde die sogenannte Flüchtlings-Karawane aus Mittelamerika in die USA finanzieren, werden auch von Vertreter*innen der Republikanischen Partei bzw. Präsident Donald Trump erhoben. All diese Vorwürfe werden von Wissenschaftlern kritisiert, da sie das antisemitische Stereotyp einer vermeintlich das Weltgeschehen kontrollierenden und manipulierenden jüdischen Verschwörung verwenden würden. Soros erscheine in diesem Verschwörungsdenken als Hauptakteur und sei die Projektionsfläche für zahlreiche klassische antisemitische Ressentiments. Bereits im Jahre 2015 wurde Soros vom ungarischen Premierminister Viktor Orbán vorgeworfen, maßgeblich für die gestiegene Anzahl von Geflüchteten verantwortlich zu sein. Die Vorstellung, Georg Soros würde Seenotrettungsinitiativen instrumentalisieren um gezielt Geflüchteten nach Europa zu steuern, ist ein Teil diverser Verschwörungserzählungen. Auch die Verschwörungsmythen um die Bill & Melinda Gates Foundation haben ihren Ursprung in den Schriften verschiedener antisemitischer Verschwörungstheoretiker. Schon in den Neunzigern behaupteten die antisemitischen Verschwörungstheoretiker Jan Udo Holey und Jonathan May, Pharmakonzerne würden die Menschen im Auftrag der Illuminaten und Bilderberger vergiften und ihnen Kontrollchips einpflanzen. Daneben wird auch in Deutschland mit Verschwörungsmythen um Soros Politik gegen Geflüchtete gemacht. Hier sticht insbesondere die Partei Alternative für Deutschland hervor. Entsprechende Anschuldigungen gegen Soros Investitionen und sein finanzielles Engagement für wohltätige Organisationen wurden von den AfD-Abgeordneten Jörg Meuthen, Stephan Brandner, Petr Bystron und Björn Höcke postuliert. AfD nahe und verschwörungsmythische Medien, wie Jürgen Elsässers Compact Magazin und der Kopp Verlag operieren ebenfalls mit dem antisemitischen Soros Stereotyp. Im Kopp Verlag werden jede Menge verschwörungsmythische Publikationen verlegt. Unter anderem die Bücher „Der Linksstaat“ und „Staats-Antifa“ des AfD nahen Autors Christian Jung. Nach dem neurechten Konzept der Täter-Opfer-Umkehr werden antifaschistische Gruppen mit dem Faschismus gleichgesetzt. Ferner versucht Jung ein verschwörungsmythisches Netzwerk von Parteien, Alt-Achtundsechzigern, Umweltorganisationen und Antifagruppen zur Unterminierung rechtsstaatlicher Strukturen und der FDGO zu konstruieren.

 

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